Kadervorsorgelösungen

Individuelle Kadervorsorge - Boom hält an

Die Nachfrage nach individuellen Gestaltungsmöglichkeiten in der Pensionskasse ist weiterhin gross. Dies zeigt der bereits zum sechsten Mal durchgeführte Pensionskassenvergleich im 1e-Markt.

Vorsorgepläne für Kadermitarbeitende mit einem Jahreslohn von über 129’060 Franken liegen weiterhin im Trend. Mit diesen sogenannten 1e-Plänen fallen die Sanierungsrisiken für die Unternehmen weg, weil die Versicherten das Anlagerisiko selbst tragen. Im Unterschied zur obligatorischen beruflichen Basisvorsorge erfolgt der Anlageentscheid bei solchen Lösungen nicht durch den Stiftungsrat oder die Vorsorgekommission, sondern durch die versicherte Person selbst. Der Mitarbeiter kann seine Anlagestrategie auf den persönlichen Anlagehorizont und die persönliche Risikofähigkeit abstimmen. Er partizipiert folglich direkt am Anlageerfolg, verzichtet jedoch im Gegenzug auf eine garantierte Mindestverzinsung und Solidaritäten. Die Chancen auf Mehrerträge steigen, was das Anlagejahr 2021 deutlich gezeigt hat. Jedoch wird auch das Verlustrisiko im laufenden Jahr sichtbar. Im 1. Quartal 2022 haben viele Versicherte eine negative Performance hinnehmen müssen, und das 2. Quartal könnte noch schlechter werden. Den Arbeitgeber betrifft dies wenig, er kann sich bei der Rekrutierung von Kadermitarbeitenden mit einer fortschrittlichen Lösung gegenüber der Konkurrenz profilieren und muss keine Risiken auf seine Bilanz buchen.

Weibel Hess & Partner AG hat im Auftrag der «SonntagsZeitung» und «Finanz und Wirtschaft» die Anbieter im 1e-Markt verglichen. Diese wurden mit einer verdeckten Ausschreibung mit sechs Kadermitarbeitenden angeschrieben. Wie in den Vorjahren wollten sich einige Marktteilnehmer dem öffentlichen Vergleich nicht stellen. Einige arbeiten zudem mit Kooperationspartnern zusammen, welche deshalb im Vergleich aufgrund der Konkurrenzsituation nicht berücksichtigt wurden. Die Swisscanto 1e- Sammelstiftung reichte zudem ihre Offerte nicht fristgerecht ein. Acht Offerten konnten schlussendlich ausgewertet werden.

Das Mystery Shopping zeigt die weiterhin grossen Preisunterschiede auf. Die tiefsten Risiko- und Verwaltungskosten weist im Vergleich die Liberty 1e- Flex-Investstiftung mit 3246 Franken aus. Das Preisschild der zweitplatzierten PensFlex 1e-Sammelstiftung liegt bei 3539 Franken. Das teuerste Angebot reichte eine 1e-Sammelstiftung mit 8076 Franken ein, also fast 150 Prozent teurer! Bei Liberty und PensFlex kommen noch Stiftungsgebühren hinzu, welche zulasten des Vorsorgevermögens der Versicherten gehen und somit die Rendite der Versicherten schmälern. Bei Liberty sind dies 0.25 Prozent bis 0.45 Prozent (abhängig von der gewählten Anlagestrategie, max. 7500 Franken pro Jahr ohne Vermögensverwaltung). Bei PensFlex beträgt die Stiftungsgebühr 0.05 Prozent bis 0.10 Prozent. Zusätzlich wird noch eine Dienstleistungsgebühr in Höhe von 0.20 Prozent bis 0.25 Prozent des Vorsorgevermögens fällig, welche zulasten des Arbeitgebers geht. Diese Gebühr entschädigt unter anderem für die Erarbeitung von Vorsorgekonzepten und Erstellen von Offerten, Beratungen im Rahmen der beruflichen Vorsorge sowie bei der Anlage der Vorsorgekapitalien, Erstellung von Vorsorgeplänen bei Neugeschäften und Planänderungen, Personalorientierungen usw. Die finpension 1e-Sammelstiftung bietet mit ihrer Lösung als einzige Vorsorgeeinrichtung eine All-in-Fee von 0.49 Prozent an, welche die Depotgebühren, Transaktionskosten, das Rebalancing und auch Stiftungsgebühren inkludiert. Diese werden bei vielen anderen Stiftungen noch zusätzlich belastet. Auch gilt es, die Kosten für die Vermögensverwaltung genauer zu betrachten. Bei der Agilis 1e-Sammelstiftung betragen diese beispielsweise zwischen 0.25 Prozent und 0.90 Prozent vom Vorsorgevermögen, abhängig von der gewählten Anlagestrategie. Diese werden dem Depot des Versicherten belastet.

Die 1e-Stiftungen können pro Anschluss den Versicherten bis maximal zehn Anlagestrategien anbieten. Zumindest eine Strategie muss zum Schutz der versicherten Person risikoarm sein. Die fortschrittlichen Anbieter verfügen mittlerweile über ein Onlinetool, in dem der Versicherte sein aktuelles Vorsorgedepot, dessen Entwicklung und die Risikoleistungen jederzeit online abrufen kann. Strategieänderungen sind ebenfalls möglich.

Auch bezüglich der Auswahl der Anlageprodukte gibt es bei den 1e-Stiftungen grosse Unterschiede. Während sich einige ausschliesslich auf hauseigene Anlagelösungen fokussieren, profilieren sich andere mit einer grossen individuellen Auswahl an externen Lösungen mit oder ohne Vermögensverwaltung. Dabei gilt es jeweils die zusätzlich anfallenden Gebühren zu hinterfragen und die Renditen zu vergleichen.

Die Anzahl Anschlüsse der untersuchten Sammelstiftungen ist per 31.12.2021 gegenüber dem Vorjahr um über 25 Prozent gestiegen. Bei den Aktivversicherten betrug das Wachstum in der gleichen Zeitperiode rund 18 Prozent. Das Vorsorgekapital ist um rund 335 Millionen Franken (+13 Prozent) gewachsen.

Der 1e-Markt bleibt ein Nischenmarkt, da diese Lösungen Personen mit höheren Löhnen vorbehalten sind. Nichtsdestotrotz stossen diese Produkte auf grosses Interesse, sowohl für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmer. Neue 1e-Kaderlösungen können problemlos jederzeit auch unterjährig gestartet werden. Die Basisvorsorge muss dementsprechend angepasst werden.

Aufgrund der hohen Komplexität mit versteckten Kosten und den erhöhten Aufklärungspflichten werden Kadervorsorge-Projekte von vielen Unternehmen an spezialisierte Beratungsfirmen übertragen, welche sie im Entscheidungsprozess anbieterunabhängig unterstützen.