Anlagerenditen
Pensionskassen meisterten den Corona-Crash
2020 war ein extremes Jahr. Während die Weltwirtschaft in eine tiefe Krise stürzte, feierten die Aktienmärkte neue Höchststände. Die geprüften teilautonomen Kassen erzielten 2020 eine Performance von durchschnittlich 3.8 Prozent, was über den Pictet BVG-Indizes lag.
Corona-Pandemie führte zu heftigen Kursausschlägen an den Finanzmärkten
Das Jahr 2020 startete ganz ordentlich. Die Aktienmärkte nahmen den Schwung von 2019 mit ins neue Jahr und erreichten bis Mitte Februar mancherorts neue Höchststände, ehe die sich ausbreitende Corona-Pandemie zu einem Ausverkauf an den Börsen führte. Innerhalb weniger Wochen verloren die wichtigsten Aktienmärkte rund 30 Prozent ihrer Marktkapitalisierung. Aus Angst vor einer globalen Rezession schnellten die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen in die Höhe, und der Ölpreis notierte zeitweise gar mit einem negativen Vorzeichen. Die Staaten und Zentralbanken reagierten schnell und gaben mit kräftigen geld- und fiskalpolitischen Massnahmen Gegensteuer. Ab Mitte März verzeichneten Aktien und andere risikobehaftete Anlagen enorme Kursgewinne und beendeten das Jahr schlussendlich mit einer mehrheitlich positiven Performance.
Obligationen in Schweizer Franken und Fremdwährungen rentierten ebenfalls leicht positiv. Besonders hervorstechend war 2020 die erneute Divergenz der Renditen von kotierten gegenüber nicht kotierten Immobiliengefässen. Letztere performten dabei über das ganze Anlagejahr 2020 aufgrund der hohen positiven Renditen im vierten Quartal besser als nicht kotierte Immobilienanlagen.
Bewertung von Immobilienanlagen
Interessant ist, dass sich die nicht kotierten Immobilienanlagen trotz erhöhter Marktunsicherheit im März 2020 konstant positiv entwickelten, während die kotierten Immobilienanlagen grössere Verluste verzeichneten. Dies ist hauptsächlich auf die unterschiedliche Preisbildung respektive Bewertungsmethodik dieser Anlagen zurückzuführen. Die Preisfindung bei börsenkotierten Immobilienanlagen erfolgt an jedem Handelstag durch den Markt («mark-to-market»). Der Preis der Liegenschaften im Direktbesitz beziehungsweise von Immobilien-Anlagestiftungen wird anhand eines Modells ermittelt («mark-to-model»). Die Bewertung erfolgt in der Regel jährlich durch unabhängige Schätzer. Aufgrund der unterschiedlichen Preisfindungsmethoden widerspiegeln börsenkotierte Kurse aktuelle Marktsituationen relativ schnell, während nicht kotierte Preise verzögert und nicht vollständig auf Marktveränderungen reagieren. Dies stammt vor allem von der Tendenz, bei Preisschätzungen auf Werte der Vorperiode abzustützen und dadurch die tatsächliche Wertveränderung zu unterschätzen.
Vorzüge der Modellbewertung
Das gleiche Prinzip gilt auch für andere ausserbörsliche, nicht kotierte Anlagen wie Private Equity (nicht kotierte Aktien) oder Private Debt (Bankkredite). Diese Schätzungen führen zu äusserst konstanten Renditen und zu einer verschwindend geringen Volatilität (Risiko). Daraus schliessen viele Anleger, dass Privatmarktanlagen kaum Risiken ausgesetzt seien. Dies stimmt so nicht – die Risiken sind einfach nicht sichtbar. Oder anders ausgedrückt: In einer Krise bleibt der Schätzwert zwar stabil, aber verkaufen lässt sich die Anlage zu diesem Schätzwert nicht. Die fehlende Marktbewertung hat auch ihre Vorzüge. Da kein Risiko sichtbar ist und weil ein geregelter Markt fehlt, tendieren Anleger weniger dazu, den Kopf zu verlieren und die Anlagen mitten in der Krise zu verkaufen. Bei täglich gehandelten Aktien ist diese Gefahr grösser als bei Immobilien oder Private Equity. Ein zweiter Effekt einer Modellbewertung ist die niedrige Korrelation mit anderen Märkten. So wird gewissen illiquiden Anlagen eine Diversifikationswirkung zugeschrieben, welche sie in Tat und Wahrheit primär deshalb haben, weil deren Bewertung verzögert erfolgt.
Keine taktischen Aktienverkäufe im Corona-Crash
Institutionelle Anleger mit einem hohen Anteil risikoreicher Anlagen erlitten bei Ausbruch der COVID-19-Pandemie hohe Verluste, konnten aber auch stärker von der Markterholung profitieren und wiesen daher über das gesamte Anlagejahr 2020 die höchsten Renditen aus. Voraussetzung war allerdings, dass man im Corona-Crash die Nerven behielt und sich nicht zu taktischen Aktienverkäufen verleiten liess. Für ein antizyklisches Rebalancing der Aktienquote per Ende März fehlte den meisten Kassen der «Mut». Viel Zeit zum Überlegen hatten die Investoren damals allerdings nicht, da sich die Aktienmärkte nach dem Crash entgegen allen Erwartungen rekordschnell erholten und sich das Kauffenster relativ schnell wieder schloss. Market Timing ist meist reine Glückssache und führt in der Regel zu unterdurchschnittlichen Renditen. Kurseinbrüche sind schwer vorherzusagen, und starke Renditen folgen oft auf schlechte Renditen. Ein langer Anlagehorizont ist das einzige Mittel, um die kurz- und mittelfristigen Schwankungen über die Zeit auszugleichen.
Sehr grosse Renditeunterschiede je nach Anlagestrategie
Die heftigen Kursausschläge an den Finanzmärkten führten zu relativ grossen Unterschieden bei den Renditen. Je nach Anlagestrategie und abhängig vom Aktivitätsgrad des Portfoliomanagers vor, während und nach der Krise resultierte am Jahresende eine bessere oder schlechtere Performance. In diesem schwierigen Umfeld schwangen für einmal nicht «automatisch» diejenigen Kassen obenauf, welche die höchsten oder tiefsten Aktienquoten hatten. Die Realität zeigt ein sehr gemischtes Bild. Die Durchschnittsrendite der geprüften teilautonomen Kassen betrug 3.8 Prozent, wobei sich die meisten Anlagerenditen im Bereich von 2 bis 6 Prozent bewegten.
Der reine Performancevergleich hinkt allerdings, da die Renditezahlen nicht risikoadjustiert sind. Ausser der Aktienquote zählen Immobilienanteil, die Gewichtung der Alternativanlagen, der Umfang nicht gesicherter Fremdwährungsanlagen sowie der durchschnittliche Verfall des Obligationenbestands (Duration). Hier zeigen sich sehr grosse Unterschiede zwischen den Kassen.
Zuoberst auf dem Podest steht Revor mit 6.41 Prozent. Dahinter folgen NoventusCollect K mit 5.72 Prozent und Abendrot mit 5.50 Prozent. Während die Kassen auf dem Podest ihr Resultat mit einer relativ hohen Aktienquote von 43, 40 und 35 Prozent erreichten, erstaunt es umso mehr, dass der letztjährige Gewinner avaneo Pool 30 mit 0.80 Prozent und Swisscanto Basel mit 0.03 Prozent mit vergleichbaren Aktienquoten abgeschlagen am Ende der Rangliste landeten. Swisscanto hat im Tiefpunkt Aktien verkauft und ist (viel) zu spät wieder eingestiegen. Da sie zudem bereits die vergangenen 7 Jahre hinter Benchmark lag, wiegt das schwache Abschneiden umso mehr und ist aktuell ein grosses Thema in der Branche.
Absicherungsmassnahmen funktionierten teilweise nicht
Die Swisscanto Sammelstiftung, Basel, hat ein Risk-Overlay implementiert, welches die Aktienmarktrisiken im Falle steigender Volatilität und fallender Kurse reduziert. Der negative Kursverlauf im Februar und März 2020 führte letztlich zwar zu einer Reduktion des Aktienengagements (in drei Schritten am 3., 11. und 26. März), welche aber aufgrund der hohen Fallgeschwindigkeit der Märkte eher spät einsetzte. Nicht hilfreich war in diesem Zusammenhang aber vor allem die schnelle Markterholung zu Beginn des zweiten Quartals, an welcher nicht im selben Ausmass partizipiert werden konnte, da das Risk-Overlay den erneuten Positionsaufbau erst mit deutlicher Verzögerung veranlasste. So lag die Aktienquote gemäss Swisscanto, Basel, per Ende April bei rund 20 Prozent und damit immer noch deutlich unter der neutralen Quote von 33 Prozent. Das gewählte Risk-Overlay entfaltet insbesondere in länger anhaltenden negativen Marktphasen eine positive Wirkung (Tech-Blase, Finanzkrise), während es bei kurzen, intensiven Einbrüchen gepaart mit einer schnellen Erholungsphase – so wie im Corona-Crash erfolgt – sowohl bei der Absicherung wie auch bei der Auflösung der Absicherung zu langsam reagiert. Aufgrund der unzureichenden Ergebnisse hat der Stiftungsrat das Risk-Overlay im dritten Quartal 2020 aufgelöst.
Maximaler Portfolioverlust im Corona-Crash
Da die untersuchten Kassen den «Maximalen Drawdown» ihres Portfolios unterschiedlich interpretierten, erlauben die eingegangenen Werte keinen fairen Vergleich. Deshalb werden für einen nochmaligen kurzen Rückblick auf die turbulenten Tage von damals die 2020 publizierten Erstquartalsrenditen als Basis herangezogen. Im Durchschnitt verloren die untersuchten Kassen per 31. März 2020 7.5 Prozent und lagen damit auf Augenhöhe mit dem bekannten Schweizer Pensionskassen-Index der Credit Suisse (–7.2 Prozent). Allerdings dürfte der grösste Portfolioverlust im Verlaufe der zweiten Märzhälfte noch einiges höher gewesen sein. Bei drei Kassen (avanea Pool 30, Profond und Revor) war das Minus mit 10 bis 11 Prozent am Quartalsende immer noch zweistellig. Mit dem CS PK-Index lässt sich gut illustrieren, wie sich die einzelnen Anlageklassen im ersten Quartal 2020 entwickelten: Obligationen CHF –2.5 Prozent, Obligationen FW –5.3 Prozent, Aktien Schweiz –12.8 Prozent und Aktien Ausland –21.5 Prozent.
Teilautonome Kassen vor Vollversicherungen
Im Gegensatz zu den teilautonomen Pensionskassen bieten die garantierten Versicherungslösungen einen Kapitalschutz, der eine konservative, risikoarme Anlagepolitik verlangt. Entsprechend verzichten diese Anbieter fast gänzlich auf Aktienanlagen, was ihre generell niedrige Rendite erklärt. Basler erzielte 2020 mit 2.42 Prozent das beste Resultat.
Im Langfristvergleich liegen die teilautonomen Kassen klar vor den Vollversicherungen. Spitzenreiter im Zehnjahresvergleich ist Profond mit 5.11 Prozent Rendite, gefolgt von Spida mit 4.95 Prozent und NoventusCollect K mit 4.92 Prozent. In den letzten drei Jahren schwang Revor mit durchschnittlich 4.75 Prozent obenaus, gefolgt von Asga mit 4.64 Prozent und Abendrot mit 4.62 Prozent. Wie stark sich eine Underperformance auf lange Sicht – zusätzlich befeuert durch den Zinseszinseffekt – auswirkt, zeigt sich gut am Beispiel der Swisscanto, die über die letzten zehn Jahre im Durchschnitt nur 3.19 Prozent erwirtschaften konnte. Im Vergleich zu Profond entspricht dies aufgezinst einer Renditedifferenz von über 27 Prozent, welche bei den Reserven der Pensionskasse und für die Verzinsung der Altersguthaben fehlen. Auch im Vergleich zum Pictet-BVG-Index bleibt eine Minderperformance von rund 14 Prozent. Selbstverständlich muss langfristig die Anlagestrategie zur finanziellen und strukturellen Risikofähigkeit der Pensionskasse sowie zur Risikobereitschaft der Risikoträger passen.
Anhaltender ESG-Boom: Bewährungsprobe steht allerdings noch bevor
Immer mehr Schweizer Pensionskassen haben das Thema ESG auf ihrer Agenda und berücksichtigen entsprechende Kriterien bei ihren Anlageentscheidungen. Durch ein geringeres Risiko bei vergleichbarer Rendite verbessern sie das Risiko-Rendite-Profil ihres Anlageportfolios. Das hat auch die diesjährige Untersuchung bestätigt.
Der Boom von ESG-Anlagen und ihre in den letzten Jahren oft deutliche Überperformance gegenüber konventionellen Investitionen wurden auch dadurch befeuert, dass nachhaltige Anlagen ein Übergewicht in Informationstechnologie und ein Untergewicht im Energiebereich aufweisen, und zwar je strenger die ESG-Kriterien, desto ausgeprägter.
Die Bewährung der Finanzmethode steht damit noch bevor, und zwar dann, wenn die Performance der Sektoren drehen sollte und nicht mehr hauptsächlich zugunsten der Bereiche läuft, die im Fokus von ESG stehen. Oder wie es bei Anlageprodukten jeweils im Kleingedruckten heisst: Die vergangene Performance ist kein Indikator für die künftige Wertentwicklung.
Seit November haben sich mit dem «Reflation Trade» nun aber die Branchenpräferenzen klar in Richtung zyklische Aktien und Value-Titel verschoben, und Technologieaktien kamen aufgrund der Zinserhöhungsängste unter Druck. Ob diese Rotation nachhaltig ist, wird die Zukunft zeigen.
Keine Energiewende ohne Metalle
Aufgrund der Energiewende verlieren fossile Brennstoffe wie Öl, Gas und Kohle derzeit an Bedeutung. Dafür steigt die Nachfrage nach Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt – Metalle, die für den reibungslosen Übergang zu erneuerbaren Energien unverzichtbar sind. Entsprechend hoch sind derzeit die Preise für diese Metalle. Angesichts ihrer Unverzichtbarkeit für die Energiewende ist ein Ausschluss der Branche durch nachhaltige Investoren jedoch der falsche Weg. Zumal sie auch ihren Einfluss für weitere Verbesserungen geltend machen können.