Nachhaltigkeit bei den Kapitalanlagen

Es grünt in der Pensionskassenwelt

Bei vielen Pensionskassen findet derzeit ein Umdenken bei der nachhaltigen Kapitalanlage statt.

Internationale Übereinkommen wie das Pariser Klimaabkommen oder die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der UNO haben dazu geführt, dass auch Pensionskassen die Nachhaltigkeitsaspekte bei der Kapitalanlage berücksichtigen. Einzelne Pensionskassen nehmen sich bereits seit Jahren dem Thema Nachhaltigkeit an. Vielen sind jedoch die ESG-Kriterien mangels rechtsverbindlicher Vorgaben in der Schweiz erst mit dem zunehmenden Druck ihrer Versicherten und der Öffentlichkeit wichtig geworden. Die Bewegung der Klimajugend und der gestiegene politische Druck aus dem Ausland sind die bedeutendsten Gründe dafür, dass sich zwischenzeitlich die Stiftungsräte sämtlicher Pensionskassen bei der Risikoabwägung auch mit den Umweltaspekten befassen.

Eine Analyse des Beratungsunternehmens Weibel Hess & Partner AG im Auftrag der «SonntagsZeitung» und «Finanz und Wirtschaft» zeigt, dass sich die Gemeinschafts- und Sammelstiftungen intensiv mit den Klimarisiken ihrer Kapitalanlage auseinandersetzen. Bei einem Grossteil der untersuchten Kassen ist die nachhaltige und verantwortungsbewusste Kapitalanlage im Anlagereglement festgehalten. Die meisten Pensionskassen publizieren ihr Anlagereglement sowie den Anlageprozess und teilweise auch Ausschlusskriterien auf der Website. Keine der geprüften Pensionskassen hat sich noch nicht mit ESG-Kriterien auseinandergesetzt. Viele Pensionskassen nehmen ihren generationenübergreifenden Auftrag bereits heute wahr und investieren nachhaltig. Grösstenteils beschränkt sich jedoch der Nachhaltigkeitsansatz auf Aktienanlagen. Als Investor können die Kassen bei diesen Wertpapieren selber Einfluss nehmen oder das Abstimmungsverhalten an Stimmrechtsvertreter wie Ethos delegieren.

Die effektiven Nachhaltigkeitskriterien bei Kapitalanlagen lassen sich in Negativ- und Positivkriterien aufteilen. Mit Negativkriterien werden Unternehmen, die ethische, soziale oder ökologische Standards nicht erfüllen, aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen. Pensionskassen mit Positivkriterien bevorzugen Firmen, die aktiv zur Schonung der natürlichen Ressourcen und Umwelt beitragen und soziale Kriterien beachten.

SVVK-ASIR als Mindeststandard
Einen ersten Schritt in Richtung umweltbewusste Kapitalanlage versuchten Pensionskassen mit der Verwendung der Ausschlussliste des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK-ASIR). Der Verein führt eine schwarze Liste von Unternehmen, die nachweislich gegen Schweizer Gesetze sowie von der Schweiz ratifizierte internationale Konventionen verstossen. Das Investieren in solche Firmen ist heutzutage aus ethischen und ökologischen Gründen nicht mehr vertretbar. Mittlerweile halten sich viele Pensionskassen an die Ausschlussliste des SVVK-ASIR. Einzelne Kassen verweisen darauf, dass sie nicht in Einzelunternehmen, sondern in kollektive Anlagegefässe investieren. Die Umfrage zeigt jedoch, dass Gelder nur selten in klimafreundliche Börsenindizes oder nachhaltige Anlagegefässe investiert werden.

Im Jahr 2020 hat das BAFU und das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen SIF erneut einen umfassenden Klimaverträglichkeitstest initiiert. Nebst Banken und Vermögensverwaltern waren auch Pensionskassen und Versicherungen eingeladen, ihre Kapitalanlagen freiwillig und anonym auf Klimaverträglichkeit zu prüfen. Auf Nachfrage bei den Pensionskassen zeigt sich, dass lediglich eine Minderheit von diesem Angebot Gebrauch gemacht hat. Einige Pensionskassen messen die CO2-Intensität ihrer Kapitalanlagen regelmässig und berücksichtigen diese Kennzahl im Rahmen der verantwortungsbewussten Kapitalbewirtschaftung. Bisher spielt die Klimaverträglichkeit jedoch nur bei wenigen Pensionskassen eine Rolle. Ein Grossteil ist bezüglich Umweltbelastung sozusagen im Blindflug unterwegs.

Ähnlich sieht das Bild bei der Unterzeichnung der Prinzipien für verantwortungsbewusstes Investieren der Vereinten Nationen (UNPRI) aus. Diese Prinzipien umfassen Umwelt- und Sozialaspekte sowie die Unternehmensführung und sind eine 2006 gegründete Investoreninitiative in Partnerschaft mit dem UN-Umweltprogramm. Die Unterzeichner tragen freiwillig zu einem nachhaltigeren globalen Finanzsystem bei. Nebst den Versicherungsgesellschaften Allianz, AXA und Basler zeigen auch Nest, Swisscanto Flex, Transparenta sowie Vita Verantwortung und unterzeichneten die UNPRI. Einzelne Pensionskassen betreiben keine eigene Anlageorganisation, sie vergeben Vermögensverwaltungsmandate und verweisen bezüglich Nachhaltigkeit auf die entsprechenden Institute. So beispielsweise auch Revor, welche an ihre Vermögensverwalter strenge Nachhaltigkeitsvorgaben stellt.

Einfluss stärken durch Kooperationen
Die Pensionskassen sind sehr grosse Investoren und verwalten gemäss Schätzungen von Weibel Hess & Partner AG gemeinsam über 1000 Milliarden Franken. In den letzten Jahren wurden verschiedene Organisationen und Vereine gegründet, die sich dem Wandel in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft verschrieben haben. Während einzelne Pensionskassen gerade im internationalen Vergleich als kleine Investoren gelten, können sie mit der Unterstützung von Nachhaltigkeitsorganisationen ihre Kräfte bündeln und so mehr Einfluss auf umweltschädliche Firmen nehmen. Verschiedene Gemeinschafts- und Sammelstiftungen sind Kooperationen wie Swiss Sustainable Finance (SSF) oder der Climate Action 100+ Initiative angeschlossen. Die beiden Pionierinnen im Bereich der nachhaltigen Kapitalanlagen, Abendrot und Nest, sind solchen Kooperationen angeschlossen und nehmen aktiv in Arbeitsgruppen oder Leitungsgremien teil. Zudem wenden beide Stiftungen eigene, wesentlich strengere Nachhaltigkeitsvorgaben an und sind im Vergleich zu anderen Gemeinschafts- und Sammelstiftungen seit ihrer Gründung wesentlich umweltfreundlicher unterwegs. Als erste Schweizer Pensionskasse ist Abendrot dazu übergegangen, all ihre Anlagen im Rahmen des sogenannten «Impact Management Projects» zu klassifizieren und in den beiden Wirkungsdimensionen «Wirkung des Investors» und «Wirkung der Anlage» zu dokumentieren. Die Ergebnisse sind auf der Website von Abendrot aufgeführt, und zusätzlich ist sogar das gesamte Wertschriftenverzeichnis abgebildet.

Als gewichtige Immobilieninvestoren haben viele Pensionskassen Richtlinien, nach welchen sie Investitionen tätigen oder sanierungsbedürftige Immobilien unterhalten. Der Standard des Nachhaltigen Bauens Schweiz ist hier einer der Richtwerte. Gerade bei Pensionskassen, welche direkt investieren, profitieren bei Sanierungen und Unterhaltsarbeiten angeschlossene Betriebe in Form von Gegengeschäften.