Performance 2008 - Kritische finanzielle Lage

Im Jahr 2008 resultiert für die Schweizer Pensionskassen das weitaus schlechteste Anlageresultat seit der Einführung des BVG-Obligatoriums im Jahre 1985 mit einem durchschnittlichen Anlageergebnis von -13.5 Prozent. In diesen 24 Jahren lag der Pictet-Index 25 nur sechsmal im Minus. Die bisher schlechtesten Anlagejahre waren 1990 mit rund -7 Prozent und 1994 mit rund -3 Prozent. Nur die Anlageklassen Immobilien Schweiz und Obligationen brachten letztes Jahr eine positive Anlagerendite. Bei den bedeutenden Anlageklassen Aktien Schweiz und Aktien Ausland mussten die Pensionskassen massive Verluste von 34 bis 44 Prozent hinnehmen. Auch bei den alternativen Anlagen wie Private Equity, Hedges Funds und Commodities resultierten Verluste bis zu 65 Prozent.

So haben die Schweizer Pensionskassen im letzten Jahr rund 90 Milliarden Franken an Vorsorgegeldern verloren. Heute befinden sich rund zwei Drittel der Pensionskassen in einer Unterdeckung. Ein schmerzlicher Umstand, da sich viele Pensionskassen erst Ende 2007 vom „Dotcom-Crash“ 2001 so richtig erholt hatten. Die Schwankungsreserven aus guten Börsenjahren sind aufgebraucht und der Deckungsgrad ist gemäss einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Lusenti Partners, Nyon, im Durchschnitt auf rund 90 Prozent gesunken und erreichte den tiefsten Stand seit 2002. So fehlen den Vorsorgewerken heute rund 60 Milliarden Franken um einen Deckungsgrad von 100 Prozent zu erreichen und damit langfristig alle Verpflichtungen erfüllen zu können.

Anlagerendite 2008

Anlageklasse Rendite p.a.
Obligationen in CHF   4.56%
Obligationen in Fremdwährung   0.74%
Aktien Schweiz -34.05%
Aktien Ausland -43.91%
Immobilien Schweiz direkt   4.47%
Immobilien Schweiz indirekt   0.78%
Immobilien Ausland -13.19%
Private Equity -64.30%
Hedges Funds -27.63%
Commodities -24.71%
Obige Renditen wurden an folgenden Indices gemessen: SBI AAA-BBB TR / Citi World 1+Y GVT TR CHF / SPI TR / MSCI World TR CHF / KGAST TR / SWX Immofonds TR / FTSE EPRA/NAREIT Global TR / LPX 50 TR / CSFB Tremont Investable CHF / DJ AIG CHF TR

In einem der schlechtesten Börsenjahre der letzen 100 Jahre zeigten die Anlageresultate der Sammelstiftungen massive Unterschiede. Besonders ein hoher Aktienanteil und Immobilienanlagen im Ausland verursachten grosse Verluste. So ist es nicht erstaunlich, dass Sammelstiftungen mit einem hohen Aktienanteil erhebliche Einbussen erlitten und der Deckungsgrad bei einzelnen Kassen bis auf 70 Prozent gesunken ist. Wie schon 2007 resultiert bei der der Meta Sammelstiftung der grösste Verlust mit -35.2 Prozent. Auch Profond -25.7 Prozent, Gemini 35 -17.7 Prozent und UWP -15.2 Prozent verzeichnen aufgrund ihres hohen Aktienanteils sehr grosse Verluste. Die Anlagestrategie der CoOpera, die weitgehend auf Aktien verzichtet, hat sich im letzten Jahr als richtig erwiesen. Die CoOpera konnte als einzige unabhängige Sammelstiftung mit +2.8 Prozent ein positives Anlageresultat erwirtschaften. Die restlichen unabhängigen Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen weisen Verluste zwischen 9 und 15 Prozent auf. So investieren diese Sammelstiftungen dem gesamtschweizerischen Durchschnitt entsprechend rund 20 bis 25 Prozent der Vorsorgegelder in Aktien. Dies widerspiegelt sich auch im Vergleichsindex Pictet 25 plus, der für 2008 eine Minus von 11.51 Prozent ausweist. Der vom Bundesrat festgelegte Mindestzinssatz von 2,75 Prozent wurde mit Ausnahme von CoOpera von keiner Pensionskasse erreicht. So geht die Verzinsung der Vorsorgegelder für 2008 voll zu Lasten der Schwankungsreserven und des Deckungsgrades.

Kassen mit hohem Aktienanteil konnten in guten Anlagejahren wie 2005 und 2006 zweistellige Anlagerenditen realisieren und den Versicherten eine erhöhte Verzinsung ausschütten. Trotzdem zeigt sich über die letzten neun Jahre 2000 bis 2008 ein ernüchterndes Bild. Höhere Risiken und ein überdurchschnittlicher Aktienanteil haben sich nicht ausgezahlt. So konnte mit einem Aktienanteil von 20-25 Prozent (Pictet 25 plus) nur eine magere Rendite von durchschnittlich 1.66 Prozent erwirtschaftet werden. Mit einem Aktienanteil von 40 Prozent (Pictet 40 plus) resultiert über die letzten neun Jahre eine noch tiefere Rendite von durchschnittlich 0.34 Prozent. In diesen Zeitraum fallen zwei Börsenkrisen, die die Sammelstiftungen in arge Bedrängnis brachten. Die Erträge reichen bei weitem nicht aus, um die eingegangenen Verpflichtungen gegenüber den Rentnern zu erfüllen. Es entstehen Ertragsdefizite, die nach heutiger Gesetzgebung fast vollumfänglich durch die aktiven Versicherten zu tragen sind.

Was für die Pensionskassen wirklich zählt, sind nachhaltig gute Anlageergebnisse über einen langen Anlagezeitraum. Dies zeigt sich am Beispiel von CoOpera. Im Jahr 2006 wurde mit 2.6 Prozent eine klar unterdurchschnittliche Rendite erzielt. Ein vergleichbares Anlageresultat für 2007 mit 3 Prozent und 2008 mit 2.8 Prozent entpuppt sich plötzlich als Spitzenwert. Über die letzten neun Jahre hinweg erreichte die CoOpera mit einer sehr risikoarmen Anlagepolitik mit 3.48 Prozent die beste Performance aller am Vergleich teilnehmenden Sammelstiftungen. Auch die Nest überzeugt mit 3.12 Prozent jährlicher Rendite und zeigt, dass es sich lohnt, in nachhaltige Anlagen zu investieren. Die Lebensversicherer mit einer traditionell konservativen Anlagepolitik erleben ein Comeback. So resultiert bei AXA-Winterthur und Swiss Life über die letzten neun Jahre eine Anlagerendite von 3.54 bzw. 3.40 Prozent. Für die Meta resultiert dagegen im gleichen Zeitraum eine jährliche Minusperformance von 4.76 Prozent. Auch UWP weist über neun Jahre eine negative Jahresrendite aus. Für alle Sammelstiftungen gilt, dass die Anlageerträge in den letzten neun Jahren nicht ausreichen, die eingegangenen Verpflichtungen gegenüber den Rentnern zu erfüllen. Das zeigt sich klar an den von den Sammelstiftungen anvisierten Zielrenditen, die nachhaltig zwischen 3.5 bis 4.3 Prozent betragen sollten. Auch die Grundlagen beim technischen Zinssatz und dem Rentenumwandlungssatz für die Leistungen gegenüber den aktiven Versicherten müssen dringend hinterfragt werden.

Bei den kapitalgarantierten Sammelstiftungen der Lebensversicherer wird das Kapitalmarktrisiko von der Lebensversicherung und schliesslich vom Aktionär getragen. Diese Sammelstiftungen dürfen nie in eine Unterdeckung geraten und müssen entsprechend vorsichtig agieren. Sie unterliegen dabei – anders als die autonomen Kassen - strengsten Anforderungen der Aufsichtsbehörden. Bei den unabhängigen Sammelstiftungen dagegen tragen die Versicherten das Kapitalmarktrisiko selbst. Das hat zur Folge, dass die Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach hohen Anlageverlusten Sanierungsmassnahmen selber tragen müssen. Heute sind die unabhängigen Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen mit Ausnahme von CoOpera und PK Profaro alle in einer Unterdeckung und weisen damit eine eingeschränkte Risikofähigkeit auf. Hier besteht das Dilemma, dass diese Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen dringend auf hohe Anlageerträge angewiesen sind, nicht aber über die dafür notwendige Risikofähigkeit verfügen. Die volle Risikofähigkeit ist für eine Kasse beim Erreichen des selbst definierten Zieldeckungsgrads gegeben. Die am Vergleich teilnehmenden unabhängigen Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen definieren ihren Zieldeckungsgrad bis zu 117 Prozent, abhängig von der Anlagepolitik und ihren Risiken. Die grosse Differenz zwischen effektivem Deckungsgrad und dem Zieldeckungsgrad, teilweise 20 bis 25 Prozent, zeigt, wie weit die Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen von einer vollen Risikofähigkeit entfernt sind. Die Stiftungsräte der Kassen müssen sich bei dieser Ausgangslage Gedanken zur künftigen Anlagepolitik in Bezug auf die aktuelle Risikofähigkeit machen. Sie sind teilweise gezwungen, die Anlagepolitik im Interesse der angeschlossenen Firmen und versicherten Personen anzupassen. Bei einem Deckungsgrad unter 90 Prozent müssen die betroffenen Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen auch gezielt Sanierungsmassnahmen ergreifen, besonders wenn sich die Finanzmärkte im Verlaufe dieses Jahres nicht nachhaltig erholen werden.

Interessant ist auch, wie die Sammelstiftungen im vergangenen Jahr auf die enormen Herausforderungen der Finanzmärkte reagiert haben und wie die Anlagerisiken der reduzierten Risikofähigkeit angepasst worden sind. So hat die Swiss Life den Aktienanteil von 17 Prozent auf 6 Prozent reduziert, nachdem sie im Vorjahr die Anlagen mit Aktiencharakter leicht erhöht hat. Wir fragten uns schon im letztjährigen Vergleich, ob dieses Aufstocken nicht zum falschen Zeitpunkt erfolgt ist. Profond hat dagegen den bereits extrem hohen Aktienanteil noch weiter auf 55.5 Prozent aufgestockt. Aufgrund dieses hohen Aktienanteils schwankt auch der Deckungsgrad von Profond sehr stark. Dies zeigte sich eindrücklich im Krisenmonat Oktober 2008. Um 13 Prozent ist der Deckungsgrad von Profond allein in diesem Monat eingebrochen. Per Ende 2008 weist Profond noch einen Deckungsgrad von 84.1 Prozent auf und dies mit einem branchenunüblich hohen technischen Zinssatz von 4 Prozent und einem Rentenumwandlungssatz von 7.2 Prozent. Die Durchschnittsrendite der letzten neun Jahre beträgt 0.67 Prozent. Falls Profond in Zukunft nicht auf den Pfad der anvisierten Zielrendite von 4.2 Prozent zurückfindet, könnte es langfristig schwierig werden, die versprochenen und eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen.

Bei den Sammelstiftungen der grossen Lebensversicherer haben neben der Swiss Life auch die Allianz Suisse, Bâloise und Helvetia den schon geringen Aktienanteil leicht reduziert. Die meisten unabhängigen Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen weisen per Ende 2008 einen tieferen Aktienanteil auf, der jedoch nicht durch einen Abbau der Aktienpositionen sondern auf den Kursrückgang an den Aktienmärkten zurückzuführen ist. Ob sich ein starres Festhalten an der einmal eingeschlagenen Anlagepolitik auch in Ausnahmesituationen wie der aktuellen Finanzkrise auszahlt, wird die Zukunft zeigen. Unabhängig davon ist es fraglich, ob es für die angeschlossenen Firmen und versicherten Personen der Meta und Profond mit einem extrem tiefen Deckungsgrad sinnvoll ist, eine so hohe Aktienquote zu halten.

Die Aktienkurse sind in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres weiter gesunken. So resultieren für die meisten Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen zu Beginn des Jahres noch weitere Verluste. Erst im April und Mai haben die Finanzmärkte zu einer technischen Reaktion angesetzt und die Börsenkurse haben sich erholt. Ob dies bereits die Wende zum Besseren ist, bleibt fraglich. Täglich kommen neue Negativmeldungen aus der Realwirtschaft, die den aktuellen Börsenaufschwung abrupt bremsen können. Für die Aufsichtsbehörden gilt das Jahr 2009 noch als Schonfrist, die Ende Jahr aber definitiv ausläuft. Sollten sich die Finanzmärkte bis Ende Jahr nicht nachhaltig erhöhen, können die Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen nicht mehr auf das Prinzip „Hoffnung“ bauen. Es müssten teilweise einschneidende Sanierungsmassnahmen ergriffen werden.